Die Ausstellung wurde ermöglicht durch die finanzielle Unterstützung vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein

New Adventures in Vexillology #7  Sommer 2021 kuratiert von Valeska Hageney

 

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FUTURE PERFECT

 

In dieser Sommersaison beschäftigen wir uns mit vermeintlich düsteren Zukunftsszenarien, auch bekannt als Dystopien. Nach einem umwälzenden Ereignis, wie Krieg, Epidemie oder Naturkatastrophe muss sich die Menschheit mit dem "Danach" auseinandersetzen. Literarische Werke wie Aldous Huxleys „Schöne Neue Welt" (1932) oder George Orwells „1984“ (1948) sind bekannte Beispiele dafür.

Dystopische Vorstellungen tauchen vermehrt in Zeiten des Umbruchs auf. Dies ließ sich insbesondere in den beiden letzten Jahrzehnten beobachten, in denen Globalisierung, Digitalisierung und Klimawandel bei vielen Menschen Gefühle der Verunsicherung hervorgebracht haben. Durch die weltweiten Ereignisse der letzen beiden Jahren verstärkte sich dieses Gefühl und die Fragestellung „wie wird unser Planet und unsere Gesellschaft in xx Jahren aussehen?“ beschäftigt uns mehr denn je.

2019 war das Jahr der Fridays-for-Future-Aktivisten. Erst durch den globale Klimastreik, der sich über Social Media weltweit verbreitete, ist unsere Gesellschaft wachgerüttelt worden. Noch nie zuvor wurde in diesem Ausmaß öffentlich darüber debattiert, wie unser Planet aussehen wird, wenn wir jetzt nicht handeln und die Notbremse ziehen. Auch vor dem Inselparadies Amrum wird der Klimawandel nicht halt machen. Die fortschreitende Erderwärmung stellt den Erhalt des Naturerbes Wattenmeer an der deutschen Nordseeküste in Frage. Der Weltklimarat IPCC befürchtet bis zum Jahr 2100 einen weltweiten Anstieg des Meeresspiegels um einen halben Meter, falls es uns gelingt, die Erwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Derzeit ist die Welt allerdings auf dem Weg zu einer Erwärmung um drei bis vier Grad, was einen Meeresspiegelanstieg von knapp einem Meter bedeuten würde.  So oder so -  bis zum Jahr 2100 wird der derzeitige Standort des Kunstverein Amrum nicht mehr existieren. Auch ein Anstieg von 50 cm würde den Strand des Kunstvereines größtenteils im Meer versinken lassen.

Weltweit prägend für die Jahre 2020/2021 ist die COVID-19 Pandemie. Die gesamte Welt steht weitestgehend still und Ihr Ausmaß - wirtschaftlich, gesellschaftlich, politisch - ist noch nicht auszudenken. Die Insel Amrum, die vorwiegend vom Tourismus lebt, hat letztes Jahr erhebliche touristische Einbußen erlitten, was so manchen Insulaner vor wirtschaftliche Probleme stellt. Der Wegfall der Menschenmassen hat jedoch auch dazu geführt, dass sich Flora und Fauna auf der Insel erholen konnten und die Insulaner eine Insel erlebt haben, die sie in solch einer Schönheit in den letzen 35 Jahren nicht mehr gesehen hatten. Dies zeigt - Zukunftsvisionen müssen nicht immer negativ konnotiert sein.

 

Diese beiden Aspekte hat die Kuratorin, Valeska Hageney, dieses Jahr zum Anlass genommen und die Künstler*innen gebeten einen Entwurf zu gestalten, der sich mit der Frage beschäftigt: Wie sieht Deine Welt 2100 aus? Wie und was wird sich verändern? Dabei geht es nicht primär um Natur und Pandemie. Die Zusammenhänge zwischen Umwelt und Natur einerseits und Gesellschaft, Politik und Wirtschaft andererseits sind augenscheinlich und Ausgangspunkt für das diesjährige Projekt.

 

Text: Valeska Hageney

 

 

english version

 

FUTURE PERFECT

This summer season we are dealing with supposedly gloomy future scenarios, also known as dystopias. After an earth-shattering event, such as war, epidemic or natural disaster, humanity has to deal with the "afterlife". Literary works such as Aldous Huxley's "Brave New World" (1932) or George Orwell's "1984" (1948) are well-known examples of this.

Dystopian ideas increasingly emerge in times of upheaval. This could be observed in particular in the last two decades, in which globalization, digitalization and climate change have created a sense of insecurity among people. The worldwide developments of the last two years have intensified this feeling and the question "what will our planet and our society look like in xx years?" has become more preoccupying than ever.

2019 was the year of the Fridays for Future activists. It was the global climate strike, which spread worldwide via social media, that first woke up our society. Never before has there been public debate on this scale about what our planet will look like if we don't take action now. Even the island paradise of Amrum will not be spared from climate change. Progressive global warming is calling into question the preservation of the Wadden Sea natural heritage on the German North Sea coast. The Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) fears a global rise in sea level of half a meter by 2100 if we succeed in limiting warming to two degrees. Currently, however, the world is on track for three to four degrees of warming, which would mean a sea level rise of just under one meter.  Either way - by the year 2100, the current location of the Kunstverein Amrum will no longer exist. Even a rise of 50 cm would cause most of the Kunstverein's beach to sink into the sea.

The years 2020/2021 are dominated worldwide by the COVID-19 pandemic. The world has come to a standstill and its extent - economically, socially, politically - is still unimaginable. The island of Amrum, which mainly profits from tourism, suffered considerable losses in tourism last year, which has caused economic problems for many islanders. However, the absence of the crowds has also meant that the island's flora and fauna have been able to recover, and the islanders have experienced an island that they had not seen in such beauty in the last 35 years. This shows - future visions do not always have to be negative connotations.

This year, curator Valeska Hageney has taken these two aspects as an opportunity to ask artists to create a sketch that deals with the question: What does your world look like in 2100? How and what will change? The focus is not primarily on nature and pandemics. The connections between environment and nature on the one hand and society, politics and economy on the other hand are obvious and the starting point for this year's project.

Text: Valeska Hageney